Powernapping in Homeoffice-Settings
Mit dem Schlaf ist es wie mit der Gesundheit: Solange keine Auswirkung von Schlafmangel spürbar ist, ist sowieso alles OK. Erst wenn’s gar nicht mehr geht, ist Feuer am Dach.
Bei der Gesundheit gibt es schon ein Umdenken in unserer Gesellschaft: Ich muss mich aktiv darum kümmern, um gesund zu bleiben. Beim Schlaf ist das Thema noch nicht angekommen. Lieber überbrücken wir unsere Müdigkeit – und damit unseren Aufmerksamkeitsverlust – mit allerlei Hilfsmittel, als dass wir uns bewusst um Schlafhygiene kümmern. Dazu gehören ein guter Nachtschlaf und ein Nickerchen, sobald tagsüber der Körper und der Geist danach verlangen. Das Nacht- und Tagschlaf-Bedürfnis ist sehr individuell: manche Menschen brauchen mehr Schlaf, manche weniger, um fit zu sein. Viele Menschen sind eindeutige Frühaufsteher (Lerchen) oder Nachtarbeiter (Eulen), andere kann man diesen Kategorien nicht eindeutig zuordnen. Schichtdienstarbeiter und jetlag-gefährdete Berufsgruppen müssen sowieso mit gestörten Schlafrhythmen leben.
So individuell der Schlafbedarf ist, so individuell sind auch die Potenziale, die durch gesundes Schlafverhalten entfaltet werden können. Mütter und Väter mit kleinen Kindern ist vielleicht die Schlafdauer, die in einem Stück genossen werden kann, ein Mangel. Stark gestresste Menschen und psychisch belastete Personen können wiederum nicht einschlafen, da ihre Gedanken sie wachhalten. Dann gibt es auch jede Menge psychisch oder organisch bedingte Schlafstörungen, die unbedingt medizinischer Abklärung und Therapie bedürfen. Die aufgezählten Beispiele stehen unter enormen Leidensdruck, der auf die Substanz geht. Wie steht es aber mit den Menschen, die einen gesunden Nachtschlaf haben, aber tagsüber nicht ständig Höchstleistungen erbringen können, obwohl sie wollen? Für diese Personengruppe ist Powernapping ein gutes Mittel, um nachhaltig Spitzenleistung erbringen zu können. Leider ist in unserer Leistungsgesellschaft der Schlaf produktivitätskillend konnotiert, sodass dieser jedenfalls in die Privatsphäre gehört und nicht an den Arbeitsplatz.
Wirklich? Geht’s noch?
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser (und auch alle anderen): Wir leben in einer Wissensgesellschaft im 21. Jahrhundert, wo Selbstverantwortung gefordert wird! Nicht nur absitzen der „Arbeitszeit“, sondern Leistung bringen! Da sind Pausen für eine Leistungsoptimierung ein nicht wegzudenkender Erfolgsfaktor! Wenn diese Pausen nun als Powernap verbracht werden (kurzer Tagschlaf), dann könnten viel Menschen, Organisation und Volkswirtschaften enorm profitieren. Leider ist Büroschlaf immer noch mit „Faulheit“, „Leistungsverweigerung“ und „Betrug am Arbeitgeber“ gedanklich verbunden. ABER: seit Mitte März 2020 hat COVID-19 einen Game-Change verursacht: viele engagierte WissenarbeiterInnen sind plötzlich im Homeoffice anzutreffen. Also in einer privaten Umgebung! Was spricht nun dagegen, sich aktiv dem leistungsfördernden Kurzschlaf zu widmen? Meine KollegInnen und Chefs sehen mich nicht, die Infrastruktur ist vorhanden und die Müdigkeit auf Grund der zahlreichen Web-Meetings ist in den Mittagsstunden stärker zu spüren, als in Büro-Settings.